Samstag, 27. Mai 2006

Lachesis

Die Häme ist eine Schwester der Dummheit. Die hat ihre Lippen noch und nöcher gespitzt, weil sie einen Kuss wollte von der Schwester. Und so angestrengt hat sie das getan, dass sie spitz blieben, als sie das bittere Gift schlürfte, nie geküsst zu werden.


Jolanda in Ulmenjahr

Freitag, 26. Mai 2006

Hrvoje Pejaković :: Das Ende eines Briefes


In einem der kommenden Jahre werden wir sterben müssen, vielleicht auch
erwachsen werden. (Schließ nicht ab. Folgere nicht. Schließ nicht das Buch.)



Svršetak jednog pisma

Jedne od slijedečih godina morat ćemo umrijeti, možda
i odrasti. (Ne zaključavaj. Ne zaključuj. Ne sklapaj Knjigu.)


Übersetzungen

Donnerstag, 25. Mai 2006

Sibila Petlevski :: Ein Hund weiß (es) besser

Am Anfang ist uns nicht klar, dass ausreicht, was übrig bleibt
wenn die Blütenblätter abfallen, später schreiben wir Schönheit etwas
Höherem zu, eine Gewohnheit, die wir nicht mehr loswerden.
Überzeugt davon, dieses Fallen müsse von etwas verursacht sein,
sagen wir: der Wind ist schuld. Schuld wäre auch der feuchte Asphalt,
in dem ein Hund den Abdruck seiner Pfote hinterlässt und schuld wäre der
Hund, dem es gelang, die Spur eines zufälligen Streunens zu hinterlassen,
vorausgesetzt, ein Zufall existierte, den man von der

Ewigkeit trennen könnte. Meine Hände sind voller Blumen und Wurzeln,
sagte der Rosenverkäufer, der aussah wie ein zurückgebliebener Junge,
als er sagte, wie ein indianischer Schamane sagen würde: Meine Hände
sind voller Kleidung, in die die Erde sich hüllt.
Wir hätten kaufen können und gehen. Wir hätten die Rosen kaufen können
und einpflanzen, sie eine nach der anderen in den nassen, schwarzen
Teer stecken, um schuld zu sein, dass sie niemals Wurzeln fassen. Sogar
ein Hund weiß besser als wir, die Grenzen seiner Welt zu markieren.




Pas zna bolje

U početku nam nije jasno da je dovoljno ono što
preostane kad otpadnu latice, a poslije pripisivanje
ljepote višku postaje navika koje se ne znamo riješiti.
Uvjereni da otpadanje mora biti nečim izazvano,
kažemo vjetar je kriv. Kriv bi bio i neosušeni asfalt
ako bi u njemu pas ostavio otisak šape, i kriv bi bio
pas koji je uspio ostaviti trajni trag slučajne šetnje,
pod uvjetom da postoji slučajnost od koje je moguće

odvojiti vječnost. Ruke su mi pune cvijeća i korijenja,
rekao je prodavač ruža koji je izgledao kao maloumni
dječak kad je rekao, baš kao što bi indijanski šaman
rekao, ruke su mi pune odjeće u koju se zemlja oblači.
Mogli smo kupiti i otići. Mogli smo kupiti i zasaditi
ruže, zataknuti jednu po jednu u mokri, crni bitumen
da budemo krivi što se nikada neće primiti korijenje.
I pas zna bolje od nas obilježiti granice svojega svijeta.



[Wem die mangelnde Melodik auffällt: Sie ist im Original - wohl sehr bewußt - auch nicht vorhanden. Sibila hat diese Zeilen in einer rauhen, unlyrischen Sprache verfasst, gebettet in eine Grammatik aus Gaze. Und wir stellen fest: Melodik wäre einfacher zu übersetzen als diese bewußte Disharmonie]


Übersetzungen

Mittwoch, 24. Mai 2006

Sibila Petlevski :: Heilige Woche

Ganze sechs Tage lang bliesen wir Ballons auf,
dachten, dies sei die einzige Möglichkeit, dem Atem Rahmen
zu geben. Vom Himmel fiel Manna,
süss und lauwarm wie Milch von der Brust. Oh Gott!
Wir hätten auch mit Küssen die gleiche, die vollkommen
gleiche, Sache erreichen können; mit Atmen gegen Glas,
damit statt uns der Nebel auf dem Spiegel schreibt, dass wir
leben; mit Schreiben die Wärme übertragen ohne Berührung
und Stimme; indem wir einfach hier wären und nicht
verwickelt in ein Netz aus Blut wie hungrige Hunde, nicht ewig
hungrigen Herzens, das aus der Brust brüllt wie ein Löwe.
Ganze sechs Tage lang bliesen wir Ballons auf und zerschnitten sie
dann mit Messern. Am siebten Tag ruhten wir uns aus.



Sveti tjedan

Puhali smo balone punih šest dana,
mislili da je to jedini način na koji se može
dati okvir dahu. S neba je padala mana,
slatka i mlaka kao mlijeko iz sise. Bože!
Pa mogli smo i poljupcima postići istu,
potpuno istu stvar, mogli smo i disanjem
u staklo, da umjesto nas magla na čistu
zrcalu napiše da smo živi, da pisanjem
prenesemo toplinu bez dodira i glasa,
da budemo jednostavno tu, a ne u mreži
krvi isprepleteni, ne poput gladnih pasa,
ne vječno gladnog srca koje iz grudi reži.
Puhali smo balone i onda ih nožem parali
punih šest dana. Sedmi smo se odmarali.


Übersetzungen

Javorka Pangerčić :: Zimmer voll Rosmarin

Heute Abend werde ich zu Dir kommen.
Bezieh das Bett für uns.

Ich kündige mein Kommen an,
dass Du das Zimmer mit Rosmarin schmückst
und die Frau erwartest, die Braut.

Ich werde zu Dir kommen, nackt, weiß,
und Sterne und Meer
werde ich vor der Tür lassen
damit sie seufzen vor Neid.

Schlaf nicht ein, warte auf mich....



Javorka Pangerčić, 1950 in Zagreb geboren, absolvierte dort die Geodätische Fakultät. Heute lebt sie sie in Bjelovar, wo sie für das staatliche kroatische Umweltprojekt "Hrvatske Vode" (Kroatische Wasser) arbeitet. Vor einigen Jahren begann Javorka, Lyrik zu schreiben; zehn ihrer Gedichte sind mittlerweile publiziert. "Ich schreibe gern über Blumen", schreibt sie an einen Freund, über den mir diese biografischen Daten zukamen.




Soba puna ružmarina

Doći ću Ti večeras.
Spremi nam postelju.

Najavljujem svoj dolazak
kako bi sobu okitio ružmarinom
i dočekao ženu, nevjestu.

Doći ću Ti gola, bijela
a zvijezde i more
ostavit ću pred vratima
da uzdišu od zavisti.

Nemoj zaspati, čekaj me ...


Übersetzungen

Dienstag, 23. Mai 2006

Morning Glory

Ihre Körper haben den Boden nie berührt. Ihre maßlose Verschwendung war nie aus Fleisch, ihre Leben nie eine Notwendigkeit oder gar eine Tragödie. Munter trugen wir sie heim, lebten mit ihnen, suchten sie, verfolgten sie über jeden Quadratzentimeter Erde und bewegten Ozean. Diese faulen, herumlümmelnden Gedichte, die uns Kostbarkeiten sind. Waren Sie je wütend auf ein Gedicht? Sie sollten es sein. Launische, kleine Nebensätze treiben Spuk im Küchenschrank und rauben den Schlaf. Verzogene Konjunktive lassen uns vor der Tastatur in Leere fallen, treiben Schabernack mit der Katze. Der ist es egal. Hat sie doch die Gedichte schon längst durchschaut. In jedem menschlichen Antlitz mehr Schönheit, Dichte, Leben. Und wir tragen sie dennoch heim wie Kleinode, legen sie neben uns aufs Kissen. Hätscheln sie. Verhätscheln sie. Bigotte, kleine Puttchen aus beliebigen Füllhornen. Scherben im Bad. Licht auf den Blättern. Musik in der Nacht.

Montag, 22. Mai 2006

Miroslav Kirin :: Das Boot war voll


DAS BOOT WAR VOLL gepackt, die Küste
verödet, wir ruderten Stunden,

gingen und kamen,
es war eine nutzlose Arbeit,

die Uhrzeiger rückten für
uns nicht näher, dennoch

segelten wir in das
Herz eines neuen Landes

in dem schon jemand
war;

das Boot voll Blut
schaukelte.



ČAMAC SE ISPUNIO, obala je
opustjela, veslali smo satima,

odlazili smo i dolazili,
bijaše to jalov posao,

kazaljke nam se nisu
primicale, ipak,

doplovili smo
u srce nove zemlje,

u njem je već netko
bio;

čamac pun krvi,
njihao se.



Übersetzungen

Dorta Jagić :: Buchstäblich, nur buchstäblich

Die Nacht vor dem Examen
in christlicher Mystik
träume ich, im schwarzen Körper des Hl. Augustinus
durch das Weltall zu fliegen, Sterne suchend, vor allem Supernovae.
Plötzlich stoße ich von hinten mit einer großen zusammen.
Es war Greta Garbo,
die mir augenzwinkernd in die Hand schreibt:
“I was always so far away from earth,
that, even if I burned out so long ago
the send off light still rains on you . . . ”
und überglücklich, jemanden von der Erde zu treffen,
bietet sie mir eine Flasche Muttermilch an,
wörtlich die Laktation ihrer Mutter,
der großen Alpha Centauri



Doslovno, samo doslovno

noć prije ispita
iz kršćanske mistike
sanjam da u crnom tijelu svetog augustina
letim svemirom i tražim zvijezde, osobito supernove.
ubrzo se s leđa sudarim s jednom velikom.
bila je to greta garbo,
koja mi treptanjem očima ispiše po ruci:
“I was always so far away from earth,
that, even if I burned out so long ago
the send off light still rains on you . . . ”
i sva razdragana zbog susreta sa zemljaninom
ponudi me buteljom majčinog mlijeka,
naime laktacijom njihove mame,
velike Alfe Centauri



Übersetzungen

Dorta Jagić :: Unter den Wangen


(für v.b.)

All diese notwendigen Worte, die wir einander nicht sagten,
werden zu Fossilen irgendwo in der Tiefe,
in den ältesten menschlichen Kieferknochen.
Gleich unausgesprochenen Märchen, geträumt von Buchhaltern.
Es ist immer gut zu wissen, dass sie nicht vollkommen verloren sind.
Unter unseren strengen, eingezogenen Wangen
küssen sich zwei Zehntklässlerinnen auf Schlitten
jahrelang am gefrorenen Teich.
Im Ruhm ihres naiven Hungers kochen schüchterne Jungs
persische Rosen in ausgetretenen Schlittschuhen.
Sie küssen sich gewaltsam, ihre Lippen schmatzen
unermüdlich in der Dunkelheit
wie nackte Vögel im warmen, göttlichen Himmel.
Unter unseren bewegungslosen Wangen küssen sie sich.
Küssen sich seit wir uns das erse mal trafen,
trotz unseres Schweigens.
Und niemals werden sie aufhören, auch wenn das Spiel schon begonnen
hat mit dem Forttragen deiner gelben und seiner rosa Tasche
nach Polen,
in die Ferne



Jagic


Dorta Jagić, geboren 1974 in Sinj, graduierte an der jesuitischen Fakultät Zagreb in den Fächern Philosophie und Religionswissenschaften. 1999 Goran Preis für junge Lyrik. Jagić publiziert ihre Gedichte, Kurzgeschichten und Theaterkritiken in zahlreichen Magazinen, ebenso ist sie Drehbuchautorin diverser Kurzfilme. Dorta arbeitet als Schauspiellehrerin und Regisseurin verschiedener Studententheater und als Übersetzerin deutscher und englischer Literatur.



Pod obrazima

za v.b.

sve one potrebne riječi koje si nismo rekle
fosiliziraju se negdje duboko,
u najstarijim ljudskim čeljustima.
baš kao i bajke koje sanjaju i prešućuju činovnici.
uvijek je dobro znati da nisu posve izgubljene.
pod našim strogim, uvučenim obrazima
dvije srednjoškolke na saonicama
godinama se ljube kraj smrzlog ribnjaka.
u slavu njihove naivne gladi, stidljivi dječaci perzijske ruže
kuhaju u razgaženim klizaljkama.
one se silovito ljube, njihove usne neumorno
pocikuju u mraku
kao u toplom božjem nebu ogoljene ptice.
pod našim nepomičnim obrazima one se ljube.
ljube od kad smo se prvi put srele,
u inat našoj šutnji.
i nikada neće stati, iako je već počela utakmica
s odnošenjem tvojih žutih i njegovih roza kovčega
u poljsku,
u daljinu


Übersetzungen

Sonntag, 21. Mai 2006

I´d rather fake the book

You´ve been told to hold on. Zweiundzwanzig Silben und immer noch kein Satz. Kein Schlummer ohne den Blick in Kassandras Jackentasche, kleine Zettel, allesamt die gleiche Prophezeiung, Silbe für Silbe auf Papierfetzen gereimt. Ich zähle die Schnipsel, sechsundvierzig Silben. Macht zusamen achtundsechzig und immer noch kein Satz. Ich vermisse Ihre Geschichten. Ich auch, ich auch! Durch den Flur zum Regal mit den CDs, eine Hülle zerblättern, das Auge fischt nach Sätzen. Addiere: Zusammen dreiundneunzig Silben und immer noch kein Satz. Am Himmel kein Licht, nie ist der Mond schöner als heute; wie er die Silben versteckt, so verschmitzt wie ein Faun am Tümpel. You´ve been told to believe. Ich kann die Worte nicht hören, die der Regen prasselt, ab in die Küche, Wange an das kühle Fenster, Silben ohne Laut, Welt durch Glas. Streng Dich an! Nichts. Im Wohnzimmer Kartons voller Bücher, Silben millionenfach zwischen Küchensieben, Teppichen und Staubsaugerzubehör, bewacht von Dämonen aus Karamel unter Siegeln aus Nougat. Milliarden Silben und immer noch kein Satz. You´ve been told to hold on. Siebzehn Zigaretten in der Schachtel, kein Gott für Brandopfer in Sicht. "Rauchen kann tödlich sein". Zähle hinzu, macht neundundneunzig Silben. Amen. Hunderteins. Kein Satz.

Samstag, 20. Mai 2006

Über die Liebe zum Atemlosen IV

Kein Mond, kein Stern.
Eine dunke Woge
fährt sausend hoch,
überwölbt uns und stürzt:
Liebe.

Toyotama Tsuno


zw1

NLP antik

Nicht, weil die Dinge uns unerreichbar erscheinen,
wagen wir nicht - weil wir nicht wagen,
erscheinen sie uns unerreichbar.


Seneca

Rausch

ANH: Ich bin treu geworden auf meine alten Tage. Komisch grundlos treu.
Stigma: Ich denke, Du hast das Gift des Königsskorpions geschmeckt und festgestellt, dass es berauschender ist als das der Wespe. Und es liegt immer im Ehefrauenkuss dieses Gift.

Lieben, das heißt leben von und sterben an einer höllischen Wette auf das,
was sich in der Seele des anderen abspielt.
Paul Valléry: Eros, Cahiers

Chatlogs

Freitag, 19. Mai 2006

Verhandlungen mit Romanfiguren IX

Es wurde immer zum Widerstreit, da Ysaj meine Zukunft lebt, während ich ihr Glieder aus Vergangenheit und Laub schreibe. Immer treffe ich Jolanda und sie an tiefen Gewässern, an der tiefen Angelegenheit, sogar wenn ich mein Leben von ihnen abwenden will; sogar dann, manchmal gar, immer häufiger, werde ich unmerklich zum Brunnen, in dem sich - trotz aller Schwärze - unsere Gesichter spiegeln und zu einem einzigen Antlitz verschwimmen, das stumm ist und weich, offenen Auges weich. In Ysajs Hand zögert der Sturm und es ist mein Orkan, den ich beschwichtigend ausatme, statt ihn zu leben, seit ich denken kann, während auf Jolandas Lippen sein Auge liegt wie eine Feigenkern oder eine Rosine.
Da! zieht sie ihre Augenbrauen zusammen: Schon wieder lässt Du Dir Optionen offen!: Alles, was jetzt kommt, das kenne ich.


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