Montag, 15. Mai 2006

Zeig Mir Rischtig II

Zwischenspiel

Unter den Dingen, die man überhaupt nicht weiß, sind solche, die man auf die Aussage anderer hin glaubt: Dies nennt sich Glauben. Es gibt solche, über die man sowohl vor als auch nach gründlicher Prüfung sein Urteil in der Schwebe lässt: Dies nennt sich Zweifel. Und wenn man im Zweifel mehr zur einen als zur anderen Seite hin neigt, ohne jedoch irgendetwas absoulut festzulegen, dann nennt sich dies Meinung.

Bossuet: Traktat über die Gotteserkenntnis I,14

Samstag, 13. Mai 2006

Unter den Wolken

Schon fielen die Augen zu und die Münder führten seltsame Laute.
Gespinst aus feuchtem Leinen, schwer der Saum, wenn ich Euch
die Lider schließen sehe, Vorhänge aus Mißtrauen und jede Wendung
kehrt einem neuen Messer den Rücken zu. Zum Räkeln und zum Wohl
kein Raum, so viel Fülle an Nichtigkeiten. Nicht Wort, nicht Wut,
ein wenig Unwille, ein Magendruck, ein Lockern des Nackens, was mehr
bleibt? Verbirg das Messer nicht und nicht die Hand. Noch nie habe
ich das Kreuzen der Klingen gefürchtet.

. . .

Leg mir in die Hand das Wort
und Erde, duftend herb.



Poems

Freitag, 12. Mai 2006

Zeig Mir Rischtig!

Akt 1

Die Protagonisten:

- Kleiner, roter Ordner (voll krass wischtig, ey!)
- Oberchecker
- Obercheckerin
- Checker Nr. 1 (Haltur)
- Checker Nr. 2 (Hirte)
- Checker Nr. 3 (Checkerbunny)


Es war einmal ein kleiner, roter Ordner, der stand glücklich und zufrieden in der vierten Etage im Ostenhöllenweg 13 in seinem Regal. Wie schön es war, neben den Kollegen (kleiner blauer Ordner, kleiner grauer Ordner und kleiner schwarzer Ordner) zu stehen. Würden nicht, saisonal, merkwürdige Dinge geschehen.


Akt 1, erste Szene:

Ostenhöllenweg 13, Etage vier, bei Nacht. Ein Schlüssel dreht sich im Schloss, der Raum liegt im Dunkel. Checker Nr. 1 betritt die Bühne. Leise geht er zum Regal und nimmt den kleinen, roten Ordner (voll krass wischtig, ey!) aus dem Regal.
Checker Nr. 1 ab.


Nun war er also unterwegs.... Der kleine, rote Ordner war auf Reisen. Unter dem Mantel von Checker Nr. 1 fuhr er zum großen Versammlungsort in der Nachbarstadt. Dort wurde er in einem großen Karton mit Gummibärchen versteckt. Es war nicht übel bei den Gummibärchen, aber er vermisste den kleinen, grauen Ordner sehr. Ab und zu wurde er aus dem Karton genommen und sein Inhalt verteilt.

Akt 1, zweite Szene:

Großer Versammlungsort in Nachbarstadt (auch voll krass wischtig ey - überhaupt alles, ALLES krass wischtig!) Checker Nr. 1 gibt Checker Nr. 3 (Checkerbunny) den Inhalt des kleinen, roten Ordners (voll wischtig!). Checkerbunny und der kleine, rote Ordner checken nichts.

Checker Nr. 1: "Wenn kommt Oberchecker dann kleiner, roter Ordner nix hier!"
Checkerbunny: "?"
Checker Nr. 1: "Wenn kommt Obercheckerin, Du sofort Inhalt von kleine, rote Ordner (voll wischtig, ey!) verstecken!!
Checkerbunny: "???"

Ihr müsst wissen, der Inhalt von kleiner, roter Ordner (voll wischtig ey!) ist manchmal verboten. Aber nicht wirklich. Und eigentlich, wenn man es recht bedenkt, gar nicht. Aber manchmal ist er verboten. Und manchmal auch wieder nicht...Niemand weiß wann, wieso und warum - und überhaupt. Checkerbunny nicht, der große Versammlungsort nicht - und auch der kleine, rote Ordner (voll wischtig, ey!) nicht.

Akt 1, dritte Szene:


Ostenhöllenweg 13, bei Morgengrauen. Etage vier. Leise öffnet sich die Tür. Checker Nr. 2 (der Hirte) betritt die Bühne. Geht zum Regal.

Checker Nr. 2, zu sich selbst: "Mist! Checker Nr. 1 war schneller!"

Sehr, sehr schnell läuft Checker Nr. 2 (der Hirte) die Stufen zur sechsten Etage hinauf, wo Oberchecker und Obercheckerin grade frühstücken. Dort schlägt er auf die große, große Trommel (für Alarm) und ruft aus: "Sakrileg! Sakrileg! Der kleine, rote Ordner (voll wischtig, ey!) ist voll krass verschwunden!"
Obercheckerin: "?"
Oberchecker: "??"
"Checker Nr. 1 hat einfach weggenommen!"
Oberchecker: "???"


Akt 1, vierte Szene:

Großer Versammlungsort in der Nachbarstadt. Checker Nr. 3 (Checkerbunny) trinkt Kaffee. Der kleine, rote Ordner (voll wischtig, ey!) seufzt.

Checkerbunny: "Was ist denn mit Dir?"
Kleiner, roter Ordner: "Ich bin traurig. Alle wollen mich. Alle verschleppen mich. Unter Mänteln werde ich herumgetragen. Das macht alles keinen Spass".
Checkerbunny: "Checkst Du, warum?"
Kleiner, roter Ordner: "Nein. Du?"
Checkerbunny (denkt nach): "Hmh, vielleicht".

Checkerbunny dachte lange nach an jenem Tag. Sehr lange.
Dann kam ihr die Idee, den kleinen, roten Ordner (voll wischtig, ey!) für eine Woche oder länger ganz zu verstecken. Was würde dann passieren? Vielleicht würden sie und der kleine, rote Ordner dann endlich auch gute Checker.

Das Licht auf der Bühne wird schwächer und schwächer. Langsam zieht sich der Vorhang zu.


Bitte lesen Sie weiter wenn es heißt:
!!! "Akt 2: VERSCHOLLEN IM BERMUDADREIECK" !!!


>>> Chronik des laufenden Wahnsinns

Mittwoch, 3. Mai 2006

. . .

Je kunstreicher ich den Haarknoten
im Nacken schlinge,
um so wilder die Inbrunst,
mit der seine Hände ihn zerrütten
in der Nacht



Toyotama Tsuno

Montag, 24. April 2006

Gegen

Er sagte: Ich trinke nicht an gegen die Vergangenheit. Ich trinke an gegen die Zukunft...
wissen Sie, ich habe nämlich gar keine
ich meine, Zukunft.
Alle Zukünfte habe ich schon durchforstet
durchrannt .......................................................
ich trinke an gegen das, was mich erwartet, wenn ich bleibe,
die Vergangenheit, junger Freund, interessiert mich nicht;
(du liest dich beängstigend) sagt er
sie ist geschehen, sie ist vollendet ......

sagen Sie, wissen Sie darum?

nein

da seufzte er: ich trinke nicht ob der Vergangenheit oder der Erinnerung
ich trinke an gegen all die Zukünfte, die sein könnten
denn ich, junger Freund, habe keine Zukunft verdient.



Aus "Silvester", (der männliche Protagonist), Erzählung, bald vollendet


Arbeitsnotate

Dienstag, 18. April 2006

Aönensekunden.

Die wirklich großen Geschichten durchfließen uns jeden Augenblick, sie bauen sich, Palästen gleich, auf Jahre des Tagein, bilden Gärten aus wartendem Atem, türmen sich zu Unsterblichem durch das Tagaus. Die wirklich großen Geschichten erzählen sich in gewöhnlichen Momenten, geballt durch die Jahrtausende.


Poetologie

Resümee II

Nein, ich bedaure nichts. Ich bedaure nur, geboren zu sein.
Sterben ist eine so lange, eine so mühselige Angelegenheit.

[Samuel Beckett]

Stigmata

Sonntag, 16. April 2006

Ysaj am Abend I

Wir bewegen uns rasend durch diese lärmenden Tage.
Wie ich dich vermisse, du Frau, die ich einst war. Im Vorbeifahren erhasche ich dich hinter den zugezogenen Vorhängen einer in warmes Licht getauchten Wohnung. Du schreibst Lieder für die Schmetterlinge und reitest auf dem buckeligen Rücken des Sturmes Dressur. Bodenlos. Das alles ist so bodenlos. Wir füllen die Tage und die Bodenlosigkeit schlürft die Abende fort und den roten Morgen. Im Gold sehe ich dich tanzen, inmitten von Getier auf einer fernen Lichtung.


Arbeitsnotate

Freitag, 31. März 2006

Aufbruch

Ein letztes Mal der Sperling. Weiß er schon vom Herbst?
Nein, er wartet nur aufs Abendrot und wacht für die
Dämmerung, geizig. Ein letztes Mal der Garten. Erhoben
auf rotem Gestein, die Schritte spiegelnd. Weiß nicht,
wohin. Schon ruft der Traum mir zu: Ein letztes Mal, Löwin,
ein Letztes allein inmitten der Hyänen.

Donnerstag, 30. März 2006

Verhandlungen mit Romanfiguren VIII

"Du brauchst gar nicht so mit dem Fuß zu wippen".
"Hmh?"
"Sag einfach, was Dir nicht passt".
"Ich möchte viel lieber über den Tag auf dem Spielplatz sprechen".
"Welcher Spielplatz?"
"Der große, in Zagreb. Der am Park".
"So groß ist er gar nicht, er erschien Dir nur immer groß weil Du ein Kind warst".
"Du warst ein Kind!"
"Nein. Ich war alt".
"Also gut: Wir waren Kinder und wir waren alt".
"Nein, Du warst ein Kind und ich war alt".

Seufzen.

"Ich erinnere mich, wie ich auf dieser langen, bootsartigen Schaukel stand, weißt Du noch, die hinten links, auf der man mit Mehreren hintereinander sitzen und schaukeln konnte; beide Hände an den Stangen, mit dem ganzen Körper holte ich Schwung an dem Tag. Und ich sang. Aus voller Kehle".
"Warum erinnerst Du Dich daran?"
"Weil ich glücklich war. Es war ein Moment reinen Glücks, der mich plötzlich überkam, wie ich da so sang und schaukelte. Es hatte etwas Ekstatisches, dieses Schaukeln und Singen ... und Sein. Einfach: Sein".
"Ich erinnere mich daran, dass es ein Moment in der Fremde war".
"In der Fremde?"
"Ja, Du hast Deutsch gesungen. Deutsche Kinderlieder auf einem kroatischen Spielplatz. Weil Du nämlich keine kroatischen Kinderlieder mehr kanntest. Also hast Du mich Deutsche Kinderlieder auf der Schaukel singen lassen. Das Herz schlug mir so heftig, dass ich dachte, es würde vor lauter Freude aus meiner Kehle springen und mitschaukeln. Oder tanzen dort auf dem Sand".
"Erst sangst Du leise. Weil es Lieder in Deutscher Sprache waren..."
"Ja. Und dann, mitten in diesem Rausch, es sang mich, es sang und sang und sang sich in mir, aus mir, da kam dieser kroatische Junge. An der Art, wie er sich umdrehte zu den voll besetzten Bänken, sah ich, dass die Erwachsenen ihn geschickt hatten. Ich ließ die Schaukel auspendeln, damit ich hören konnte, was er sagte".
"Du hörtest auf zu singen".
"Ja. Er platzte da herein und nahm mir den Schwung".
Nicken.
"Dann fragte er in gebrochenen Silben: "Schepereschen Sie Dojtsch?"
"Und Du sagtest: Ja".
"Ich sagte ja."
"Siehst Du?"
"Was?"
"Du sagtest ja in diesem magischen Moment, den Du als Glück hingeschrieben hattest - und die Würfel waren gefallen".
"..." (Er drehte sich um und lief weg ohne ein weiteres Wort)
"Ich spreche Deutsch, mhm? Ich spreche Deutsch - huh!"
"Halt den Mund!"


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