Variationen

Montag, 1. August 2005

Blut und Sprache. Variation VI

Blutgasse

Blut und Sprache. Variation V


katana2002

"Du wickelst Dich in Deine Worte, wie Stahl gefaltet wird".
"Ich weiß. Das ist die Agressionsbereitschaft aus Schwäche".


Rubrik: Arbeitsnotate

Blut und Sprache. Variation IV

Die erste Begegnung mit dem Tod hatte ich mit etwa sechs Jahren. Mein Vater besaß einen Jagdhund, Argo; er war von sanftem, freundlichem Wesen und mein liebster Spielgefährte. Ganze Nachmittage fütterte ich ihn mit Breichen aus Schlamm und Gras , oder ich zwang ihn, sich von mir frisieren zu lassen, und er trottete, ohne sich aufzuregen, mit clipgeschmückten Ohren durch den Garten. Eines Tages jedoch, als ich wieder einmal eine neue Frisur an ihm ausprobierte, bemerkte ich eine Schwellung an seinem Hals. Schon seit einigen Wochen hatte er keine Lust mehr zu laufen und zu springen wie früher, und wenn ich mich in eine Ecke setzte, um mein Nachmittagsbrot zu essen, baute er sich nicht mehr hoffnungsvoll seufzend vor mir auf.

Eines Mittags erwartete mich Argo nicht mehr am Gartentor, als ich aus der Schule kam. Zuerst dachte ich, er sei mit meinem Vater unterwegs. Als ich aber meinen Vater, ohne Argo zu seinen Füssen, ruhig in seinem Arbeitszimmer sitzen sah, geriet ich in große innere Erregung. Ich ging hinaus und rief laut schreiend überall im Garten nach ihm, kehrte auch zwei- oder dreimal ins Haus zurück und durchsuchte es vom Keller bis zum Dachboden.
Am Abend, als ich meinen Eltern den obligatorischen Gutenachtkuß geben sollte, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und fragte meinen Vater: "Wo ist Argo?" - "Argo", erwiderte er, ohne den Blick von der Zeitung zu nehmen, "Argo ist weggegangen". - "Warum denn?" fragte ich. "Weil er deine Quälereien satt hatte".


[Aus "Geh, wohin dein Herz dich trägt", Susanna Tamaro]

Der kroatische Gott Mars*. Blut und Sprache. Variation II



exodus

"Wir bestehen alle fast ausschließlich aus Wasser. Glaubst Du, den See kümmert es, ob Du es weihst oder Dich gen Osten beugst viermal am Tag?"

(Auszug aus einem verworfenen Dialog zu Ulmenjahr)


[*"Der kroatische Gott Mars", Titel einer Publikation eines der bekanntesten kroatischen Schriftsteller: Miroslav Krleza]

Dienstag, 19. Juli 2005

Argus, Variation IX

Zu lieben bedeutet, sich niemals zufrieden geben mit dem Mittelmaß.

Argus, Variation VIII.



E C H E L O N


The Collective Illusion Project

Montag, 11. Juli 2005

Argus. Variation VII.

Als einmal Frühling war, sprach Prinzessin Ateh: "Ich habe mich an meine Gedanken gewöhnt wie an meine Kleider. Sie haben immer den gleichen Taillenumfang und ich sehe sie überall, sogar an den Wegekreuzungen. Am schlimmsten aber ist, dass man vor ihnen nicht einmal mehr die Wegekreuzungen erkennen kann".

Um sie zu zerstreuen, brachte das Gesinde der Prinzessin eines Tages zwei Spiegel. Sie unterschieden sich nicht sehr von den anderen chasarischen Spiegeln. Beide waren aus geschliffenem Salz hergestellt, doch war der eine ein schneller, der andere ein langsamer Spiegel. Was immer jener schnelle vorwegnahm, indem er die Welt als Vorschuß abbildete, gab der zweite, jener langsame, zurück und beglich so die Schuld des ersteren: Im Verhältnis zur Gegenwart verspätete er sich immer um genau so viel, wie der erste vorauseilte. Als man Prinzessin Ateh die Spiegel brachte, hatte sie sich noch nicht vom Bett erhoben, und von ihren Augenlidern waren die Buchstaben noch nicht abgewaschen. In den Spiegeln sah sie sich mit geschlossenen Lidern und verstarb sogleich. Sie verblich zwischen zwei Augenaufschlägen, oder besser gesagt, sie las zum ersten Mal auf ihren Augenlidern die Schriftzeichen, die todbringend waren, weil sie im vorausgegangenen und im nachfolgenden Augenblick zwinkerte und die Spiegel dies wiedergegeben hatten. Sie starb, gleichermaßen getötet durch die Schriftzeichen aus Vergangenheit und Zukunft.



[Aus: Milorad Pavic, "Das chasarische Wörterbuch - männliches Exemplar".
Hier findet sich wieder einmal Pavics herausragende Erzählernatur in der Auseinandersetzung mit dem Wort und der Sprache an sich. "Das Wort Tod tötet" beschrieb ich es einmal in einem Gedicht - die fließenden Übergänge zwischen Gedankenkraft, ihrem Sprachausdruck und Wirklichkeit. Der Blick tötet ebenfalls, jedoch auf andere Weise (als das Wort). Das Variationsspiel "Argus" ist eine Harfnersaite neben der anderen in der Vielfältigkeit seiner Pränsenz.]


Rubrik Texte

Donnerstag, 7. Juli 2005

Argus, Variation VII.



argus


šaptaj... šaptaj!*


*[kroat.] "Flüstere... flüstere!"

Dienstag, 5. Juli 2005

Argus, Variation IV



golden20eagle203



Join the Blue Ribbon Online Free Speech Campaign


Arbeitsnotate
Buch des Monats
Chatlogs
Chronik des laufenden Wahnsinns
Distichen
Expressionen
Ging-tse
Illuminati
Impressionen
Inspirationen
Nada
Netztrash
Notate
Poems
Poetologie
Prometheus
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development